von Dr. Peter Zastrow
114 Jahre lang, bis 1970, belieferte die Gasanstalt an der Großen Seestraße die Stadt Bad Segeberg mit Energie.
Wer heute einen unbeleuchteten Raum betritt, schaltet, ohne zu überlegen, das Licht ein. So einfach war es nicht immer. Noch zu Beginn des 19. Jahrhundert wurden die Zimmer mit Talg-, Rüböl- oder Tranlampen erhellt. Sie rußten, flackerten und gaben dazu nur wenig Helligkeit ab. Teure Bienenwachskerzen konnten sich nur die Kirche und reiche Leute leisten. Erst als 1818 das aus pflanzlichem und tierischem Fetten und Öl gewonnene Stearin als geeigneter Kerzenstoff entdeckt wurde, kam mehr Licht in die Häuser. Doch auf den Straßen blieb es düster. Wer im Winter oder in der Nacht unterwegs war, wie in kleinen Landstädten wie Segeberg um 1850, musste seine eigene Hand- oder Sturmlaterne mitnehmen. Auf den Gedanken, einige mit Öl oder Talg betriebene Straßenlaternen in Segeberg aufzustellen, kamen weder der Bürgermeister Esmarch noch der Magistrat - alleine schon wegen der Kosten.
Dabei war schon 1826 in Hannover und Berlin das Gaslicht hell und ohne zu flackern angegangen. In Hamburg wiederum eroberte die Gasbeleuchtung erst 1846 die Straßen. Nachdem die Straßenbeleuchtung in 87 anderen großen Städten Deutschlands eingeführt worden war, sannen auch in Segeberg fortschrittliche Bürger über Licht aus einer Gasanstalt nach. Am 6. Dezember 1855 berichtete das Segeberger Wochenblatt, der Vorgänger der heutigen Segeberger Zeitung, „Auch in unserer Stadt ist man lebhaft bemüht einem langen gefühlten Übelstand abzuhelfen. Es ist hier nämlich eine Aktionengesellschaft zur Errichtung einer Gasbeleuchtung im Werden begriffen … denn lange genug haben wir im Dunkeln getappt.“
Bis zum 21. August 1856 zog sich die Gründung der Aktiengesellschaft hin, die dem Beispiel anderer Städte folgte, eine moderne Gasbeleuchtung in der Stadt einzuführen. Neben einer allgemeinen Hausbeleuchtung wollte die Gesellschaft auch eine Straßenbeleuchtung mit zunächst fünfzig Straßenlaternen übernehmen. Die Stadtverwaltung schloss auch gleich einen solchen „Beleuchtungsvertrag“ mit der Gasgesellschaft ab.
Die rund 70 Aktionäre hatten mit ihren 206 Aktien so viel Geld zusammengebracht, dass noch im Herbst 1856 mit dem Bau der Gasanstalt auf dem dreieckförmigen Grundstück an der Großen Seestraße begonnen werden konnte. Zwei Gasbehälter mit je 80 Kubikmeter Inhalt reichten damals aus, die Haushalte und die Straßenbeleuchtung mit knapp 100 Kubikmeter Gas täglich zu versorgen. Gleichzeitig verlegten Bauarbeiter Gasrohre in allen Straßen der Stadt für die etwa 80 Straßengaslaternen und erstellten rund 100 Hausanschlüsse mit einer Gasuhr. Die Verlegung der Gasleitungen für die Beleuchtung in den Häusern mussten die Hausbesitzer allerdingst selbst finanzieren.
Die rund 70 Aktionäre hatten mit ihren 206 Aktien so viel Geld zusammengebracht, dass noch im Herbst 1856 mit dem Bau der Gasanstalt auf dem dreieckförmigen Grundstück an der Großen Seestraße begonnen werden konnte. Zwei Gasbehälter mit je 80 Kubikmeter Inhalt reichten damals aus, die Haushalte und die Straßenbeleuchtung mit knapp 100 Kubikmeter Gas täglich zu versorgen. Gleichzeitig verlegten Bauarbeiter Gasrohre in allen Straßen der Stadt für die etwa 80 Straßengaslaternen und erstellten rund 100 Hausanschlüsse mit einer Gasuhr. Die Verlegung der Gasleitungen für die Beleuchtung in den Häusern mussten die Hausbesitzer allerdingst selbst finanzieren.
Das Gasgeschäft lief wohl recht gut, denn nach 20 Jahren, im Jahre 1876, wurde ein weiterer Gasometer mit einem Fassungsvermögen von 400 Kubikmeter auf dem Grundstück aufgebaut.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzten sich auch im Deutschen Reich, vor allem in Städten wo Gasnetze zur Beleuchtung vorhanden waren, die Gasherde durch. So ein Gasherd ist wesentliche einfacher zu betreiben als ein Kohleherd. Der Brennstoff kommt aus der Leitung, keine Asche ist zu entsorgen und die Töpfe bleiben von außen sauber. Der nun höhere Gasbedarf bedeutete für die Aktiengesellschaft größere Investitionen. So beschlossen die Aktionäre am 30. Juli 1898 die Gasanstalt für 55 600 Mark an die Firma Palmer und Fehrer zu verkaufen. Die besaß in Ratzeburg, Darmstadt und Gnoien/Mecklenburg schon mehrere Gasanstalten und hatten damit die besten Voraussetzungen. Zwar hätte auch die Stadt Segeberg die Gasanstalt übernehmen können, sie beschränkte sich jedoch darauf, mit den neuen Besitzern nur einen Straßen-Beleuchtungsvertrag wieder abzuschließen. Der Gasbedarf stieg weiter, da immer mehr Haushalte auf das Kochen mit Gas umstiegen. So wurde es 1910 erforderlich, einen neuen größeren Gasometer mit 1500 Kubikmeter Fassungsvermögen in Betrieb zu nehmen, der bis zum Abriss 1970 auf dem Grundstück stand.
1908 verpachtete Palmer, der 1916 verstarb, das Segeberger Gaswerk an die Stadt Segeberg, die es wiederum an die Gasanstalt-Betriebsgesellschaft GmbH in Berlin weiterverpachtete. Durch den Krieg und dem Einzug des elektrischen Stromes in Segeberg 1915, ging der Gasverbrauch zurück, Viele Haushalte in der Stadt stellten nämlich ihre Beleuchtung auf das gefahrlosere elektrische Licht um.
Am 1. April 1922 wurde der Vertrag mit der Berliner Gasanstalt-Betriebsgesellschaft gelöst und die Gasanstalt ging endlich in den Besitz der Stadt Bad Segeberg über. Dafür zahlte sie 725.000 Mark an die Palmerschen Erben. Im gleichen Jahr übernahm die Stadt auch die Elektrizitätsversorgung. Ab diesem Zeitpunkt kam dann die Energieversorgung der Segeberger aus einer Hand. Die städtischen Stadtwerke lieferten jetzt Wasser, Gas und Strom. Das in die Jahre gekommene Gasrohrnetzt musste 1922 dann auch gleich erneuert, verbessert und erweitert werden. Einen Kredit von 1 Million Mark musste die Stadt dafür aufnehmen. Das in die Jahre gekommene Gaswerk wurde 1929 den geltenden Vorschriften entsprechend modernisiert.
Laufend erfolgten jetzt Verbesserungen und Erweiterungen der Anlage. Ab 1938 lieferte die Segeberger Gasanstalt sogar Gas nach Wahlstedt zum Marine-Artillerie-Arsenal. Nach dem Kriege verdoppelte sich die Einwohnerzahl der Stadt, so dass 1953 der Bau einer neuen Gaserzeugungsanlage mit 2 Öfen erforderlich wurde. Jetzt konnte 6000 Kubikmeter Gas in 24 Stunden produziert werden. Doch im Juli 1961 hieß es dann „Aus“ für die klassische Gaserzeugung aus Steinkohle. Das billigere Erdgas hatte den Markt erobert. Nun kaufte die Segeberger Stadtwerke Erdgas ein und verkaufte es an seine Kunden weiter.
1970, nach 114 Jahren, wurde die Gasanstalt geschlossen.
Die Gebäude blieben aber als Sitz der Stadtwerke noch für einige Jahre erhalten. Das Problem mit dem Grundstück begann 1982 als die Stadt die Stadtwerke für 27 Millionen DM an die Schleswag verkauft.
Die Schleswag benötigte ab 1987 die Gebäude nicht mehr und so wurden sie abgerissen und der konterminierte Boden für 2,9 Millionen Mark in den 1990er Jahren ausgetauscht. Erst danach konnte die Stadt das Grundstück verkaufen. Nach einigen fehlgeschlagenen Verkaufsversuchen erwarb die DS-Immobilien Gesellschaft das Grundstück. Sie errichtete die 2014 fertiggestellte Wohnanlage mit 61 Wohn- und drei Gewerbeeinheiten.
Stadt- oder Leuchtgas ist die Bezeichnung eines ab der Mitte des 19. Jahrhunderts hergestelltes Brenngas. Es wurde meistens in städtischer Regie durch Entgasen von Steinkohle unter Luftabschluss in Retorten oder Kammeröfen hergestellt und anschließend gereinigt. Zunächst diente es zur Beleuchtung von Wohnungen und Straßen. Anfang des 20. Jahrhundert wurde es mehr und mehr zum Betreiben von Gasherden und -durchlauferhitzern genutzt. Ab 1970 wurde das Stadtgas durch das billigere und effizientere Erdgas ersetzt. Heute wird Gas überwiegend für Heizzwecke eingesetzt.
Stadtgas führt beim Einatmen zu einer Kohlenmonoxid-Vergiftung und – unbemerkt - zum Tod.